Stäfa
Projektwettbewerb, 2013
Städtebau
Die städtebauliche Setzung sieht zwei Neubauvolumen vor: Einen einfachen, viergeschossigen Körper mit rund 20 Metern Gebäudetiefe und längsrechteckiger Grundfläche, der unmittelbar an der seeseitigen Baulinie zu liegen kommt und eine Frontalität zum Landschaftsraum des Sees aufbaut, sowie einen strassenseitig vorgelagerten, flachen Vorbau. Ähnlich dem Bestand auf dem heutigen Areal besitzt die städtebauliche Form eine gewisse Autonomie in Bezug auf den Kontext – sie stellt eine inselartige Setzung im städtebaulichen Gefüge dar. Wir haben dazu die Metapher eines grossen Schiffes verwendet, das paradigmatisch für die Charakteristik eines heterotopischen Ortes steht.
Auch wenn sich das Projekt einer pittoresk-räumlichen Anbindung an die Kernzone entzieht, fügen sich die beiden Volumen gut in den Kontext ein: Der strassenseitig Vorbau schafft eine selbstverständliche Anbindung an den Strassenraum, Vor- und Hauptgebäude werden über ein Vordachnetz miteinander verspannt und die seeseitigen Aussenräume mit einer Pergola definieren einen klaren Bezug zum See.
Nutzungsverteilung
Die Nutzungsverteilung sieht eine klare Trennung von Wohn- und Gewerbenutzungen vor. So findet sich die Gewerbenutzung ausschliesslich und durchgehend im Erdgeschoss, nämlich im eingeschossigen, freistehenden Vorbau zur Seestrasse sowie im Erdgeschoss des Hauptgebäudes. Während sich die überhohen Räume des Vorbaus auch für Verkaufsnutzungen eignen, bietet sich das Erdgeschoss des Hauptgebäudes für Büros und Ateliers an (Redaktion). Die Wohnnutzungen sind demnach ausschliesslich in den Obergeschossen untergebracht und damit befreit von unerwünschten Einblicken. Das Wohnen in den Obergeschossen erlaubt zudem die gleichberechtigte Nutzung des Aussenraumes für alle Bewohner.
Erschliessung
Die Gewerbenutzungen werden aufgrund ihrer Lage im Erdgeschoss fussläufig alle direkt von aussen erschlossen, sodass keine unerwünschten «Kreuzungen» mit der Wohnnutzung entstehen. Die Wohnungen werden über drei zenital belichtete Treppenhäuser erschlossen. Die drei Eingänge werden im Aussenraum über das bereits erwähnte Vordach zusammengefasst, sodass die Bewohner und deren Besucher an der Strasse «angeholt» werden. Dieser «Eintritt» wird einer Vorfahrt ähnlich über eine Baumgruppe artikuliert.
Die Erschliessung mit dem Auto ist gegliedert in einen Zugang für Besucher und eine Einfahrt für Bewohner und Arbeitende. Die Besucherparkplätze befinden sich an der westlichen Grundstücksgrenze und sind Teil des zentralen Erschliessungsplatzes, welcher an der Kreuzung von See- und Oberlandstrasse angebunden ist. Die Einfahrt in die Tiefgarage für Bewohner und Mitarbeiter ist östlich dem Vorbau angelagert und entschärft so Kreuzung und Zufahrt. Die Tiefgarage ist in einen Wohn- und Gewerbeteil gegliedert. Neben der Einfahrt verbleibt eine Arealzufahrt von 3.50m Breite für Feuerwehr, Sanität und Umzug. Diese Zufahrt dient im weiteren dem Zugang zu einem offenen, aber überdachten Veloparking.
Aussenraum
Die strassenseitigen Aussenräume sind mit asphaltierten und chaussierten Flächen gegliedert und dienen primär der Erschliessung. Eine Baumgruppe markiert einer Vorfahrt den fussläufigen Zugang zum Wohnhaus (wie auch die Zufahrt für Besucher). Gleichzeitig ist die Baumgruppe eine Referenz an den klassischen Villengarten am Zürichsee (eine Zeder, zwei Mammutbäume).
Der seeseitige Aussenraum dient der Erholung und dem Aufenthalt der Arbeitenden und der Bewohner. Die primäre Gliederung folgt analog der Strassenseite einer streifenartigen Ordnung: Die hausnahe Raumschicht ist reserviert für die Büros im Erdgeschoss, die über direkte Austritte verfügen. Ein mittlerer Bereich steht ausschliesslich den Bewohnern zur Verfügung. Er ist über einen Stich direkt von den Treppenhäusern her erreichbar und funktioniert in seiner schwachen Determinierung ähnlich wie ein englischer «Pleasure Ground», der termporär bespielt wird. Die bestehenden Trompetenbäume (Catalpa) bespielen zusammen mit mehrstämmigen Magnolien diesen Gartenbereich. Zum Aussenraum der Gewerbenutzung wirkt eine üppige Staudenbepflanzung (mixed Border) als. Zum See hin wird Pleasure Ground durch eine bewachsene Pergola abgeschlossen, gleichwohl mit die Pergola selber Aufenthaltsraum mit Sichtbezug auf den Zürichsee. Zwischen Pergola und Seeufer spannt sich ein dritter Bereich auf, der Bewohnern und Arbeitenden gleichermassen zur Verfügung steht. Er ist chaussiert und mit ortstypischen Platanen bestanden. Die Uferzone wird erhalten.
Die Gliederung des seeseitigen Aussenraumes vermeidet Störungen zwischen Wohn- und Gewerbenutzung: Die hausnahen Räume der Büros werden hauptsächlich am Tag benutzt, wenn die Bewohner nicht zu Hause sind, umgekehrt schafft dieser «Streifen» ausreichend Abstand zwischen den Wohnungen und dem Aussenraum der Bewohner, sodass bei gleichzeitigem Aufenthalt auf den Terrassen und dem pleasure ground keine gegenseitigen Störungen auftreten. Das Mobiliar für die Nutzung des pleasure ground findet in einem Pavillion Platz, der Teil der Pergola ist.
Wohnungen
Zwei Absichten bestimmen die Wohnungen: Erstens die Idee, dass auch strassenseitige Räume einen Seebezug aufweisen und sich die Grundrisse durch eine hohe Durchlässigkeit auszeichnen. Zweitens die Absicht, dass sich die Wohnungen durch den Einbezug der privaten Aussenräume visuell «vergrössern». Umgesetzt wurden diese Absichten durch ein Grundrisslayout, das auf einer diagonal angelegten Kreuzfigur aufbaut.
Dabei werden beidseitig mittig Aussenräume eingezogen, welche Licht in den Ess- und Kochbereich sowie einen strassenseitigen Wohnraum bringen. Zudem schaffen die um die Terrassen angelagerten Räume «Ein- und Durchblicke» in die eigene Wohnung und erzeugen so die beabsichtige räumliche Erweiterung des Wohnraumes. Vor diesem Hintergrund ist auch der innen wie aussen durchlaufende Bodenbelag aus weissem Marmor zu verstehen. Man könnte vom Wohnen auf einer «grossen Terrasse» sprechen; hierin besteht auch eine ausgeprägte Kohärenz zwischen Wohnform und architektonischem Ausdruck.
Auf der Ebene der Nutzung zeichnen sich die Wohnungen durch einen hohen, dem Standard entsprechenden Gebrauchswerts aus. Sie verfügen über ein Entree mit seitlich angelagertem, abgeschlossenem Garberobenraum. Ebenfalls neben dem Eingang befindet sich ein separater Rediut- und Hauswirtschaftsraum mit Bezug zur Küche. Vom Entree aus öffnet sich eine fliessende Raumfolge über den strassenseitigen Wohnraum – ein Kaminzimmer, das Zugang zu zwei Zimmern gibt – oder über die Küche hin zum Ess-/Wohnraum. Diese offene Folge von Wohnräumen lässt sich unterschiedlich möblieren und nutzen. Das grosszügige Nebenraumangebot wird ergänzt durch grosse Badräume sowie einen weiteren Stauraum, der im Falle einer Schlafnutzung des seeseitigen Zimmers als Ankleide dient. Die Terrassen verfügen über einen Aussenkamin.
Das Gebäude bietet insgesamt 15 Wohnungen. Im ersten und zweiten Obergeschoss sind das jeweils zwei 4- und zwei 5-Zimmer-Wohnungen sowie eine 2-Zimmer-Wohnung. Im Attikageschoss befinden sich vier 4-Zimmer-Wohnungen und eine 2-Zimmer-Wohnung. Die strasseneitigen Räume lassen seitlich über die eingezogene Terrasse lüften, sodass die Schallwerte auch im westlichen Bereich eingehalten werden.
Architektur
Die plastisch kräftige Architektur des Hauptgebäudes ist aus «Plattformen» aufgebaut, die im Innern von raumbildenden, abgewinkelten Wandscheiben getragen werden. Im Erdgeschoss lagert die Struktur auf kräftigen Pfeilern, wobei die mittleren zwei Reihen über Unterzüge zusammengebunden werden und eine Mittelzone in den Büroflächen definieren sowie Raum für die Medienerschliessung der Wohngeschosse bieten. Aussen spannen sich zwischen den «Plattformen» raumhohe Schiebefenster-Verglasungen auf. Seeseitig «verankern» zwei Kamine das Volumen.
Die Stirnen der auskragenden, in Ortbeton gegossenen Platten und Brüstungen werden mit grobem, warm-grauem Muschelkalk verblendet. Die Profile der Holz-Metallfenster sind dunkel einbrennlackiert und treten, verstärkt über den Schattenwurf der Geschossplatten, optisch hinter die Stirnen der Platten zurück.
Die Architektur des strassenseitigen Vorbaus lehnt sich am Hauptgebäude an: Ein «schweres» Dach lagert auf auf Stützen und Unterzügen, aussen spannt sich auch hier eine geschosshohe, umlaufende Verglasung auf. Die von den Wohnungen einsehbare Dachaufsicht wird durch plastisch ausformulierte Oblichter gegliedert.
Mitarbeit Wettbewerb
Ron Edelaar, Elli Mosayebi, Christian Inderbitzin, Lukas Burkhart, Sébastien Ressnig, Pascal Steiner
Bauherrschaft
Zürichsee Medien AG, Stäfa
Landschaftsarchitekt: Ganz Landschaftsarchitekten GmbH, Zürich