Bülach
Studienauftrag, 2013
Lektüre des Ortes und städtebauliches Konzept
Das Projekt basiert auf einem zentralen Entwurfsthema: Dem Wohnen im Wald. Die zu bebauende Parzelle bietet die einmalige Chance Wohnhäuser im «Wald» zu realisieren. Das Waldgesetz von 1991 untersagt das Bauen im Wald, indem es den Zweck des Wald wie folgt definiert: «Den Wald als naturnahe Lebensgemeinschaft schützen und diesen in seiner Fläche und räumlichen Verteilung erhalten». Da somit das Bauen im Wald grundsätzlich nicht erlaubt ist, liegt umgekehrt das einmalige Potential dieser Parzelle darin, genau dies zu tun, weil sie praktisch dreiseitig von Wald umschlossen ist und wenige Neupflanzungen den Eindruck eines kontinuierlichen Waldraumes erzeugen können.
Der thematische Bezug der Häuser zum Wald hat im Wesentlichen zwei Vorteile. Erstens kann dadurch die städtebauliche Situation geklärt werden. Wie schon im Situationsplan von Diener & Diener vorgeschlagen wird der dichte und urbane Charakter der Bebauung auf dem Hauptareal in seiner ortsbaulichen Identität gestärkt, indem nördlich angrenzend eine sich vollkommen anders verortende Bautypologie realisiert wird. Die Bebauung auf dem Hauptareal bezieht sich auf die Stadt, jene im Waldgrundstück auf das Komplementäre – die Natur und den Wald.
Zweitens wird mit der Thematik des Wohnen im Wald das einmalige Identitätspotential der Parzelle genutzt. Es bezieht sich auf die gesellschaftliche Sehnsucht nach einem urbanen Wohnen im Grünen, umgeben von Bäumen. Immer mehr urbane Menschen sehnen sich nach einer Überlagerung von gebauter Stadt und wilder Natur. Das Wohnen im Wald verkörpert diese romantische Ausrichtung auf ideale Weise und spricht ein klares Zielpublikum an. Die Idee verspricht demnach ein Alleinstellungsmerkmal für die Überbauung, welches sich einfach für die Vermarktung nutzen lässt.
Der Wald und das Haus
Das Projekt besetzt die Waldlichtung mit vier gleich grossen, im Grundriss blattförmigen Häusern. Diese sind so gesetzt, dass sich weder ein Zentrum bildet, noch eine hintere Reihe entsteht. Die einzelnen Häuser werden über einen schmalen Zugangsweg aus grosskörnigem Walzasphalt ab der Fangletenstrasse erschlossen und entwickeln sich in die Tiefe des Waldgrundstücks. Durch das Pflanzen von einzelnen Bäumen, zum Teil dicht an den Häusern, wird ein System von offenen Lichtungen mit Wiesen, einem Saum aus Bäumen und „Baumhäusern“ gebildet. Durch die Konzentration der Besucherparkplätze und Veloständer an der Fangletenstrasse wird im Innern des Grundstückes die Stimmung von «Baumhäusern in einer Waldlichtung» nicht durch die üblichen Nebenbauten einer Wohnsiedlung gestört.
Vom Zugangsweg erreicht man über einen Holzsteg die Eingangshalle von welcher ein zentrales Treppenhaus, einem Stamm gleich, jede Wohnung erschliesst. Innerhalb der identischen Grundform und einer Grundfläche von 600 m2 (das Maximum nach GVZ für ein Treppenhaus) können 4, 5 oder 6 Wohnungen angeordnet werden. Dies ermöglicht in der Projektentwicklung eine maximale Flexibilität bei der Definition des Wohnungsspiegels und der Wohnungsgrössen.
Die Wohnungen
Alle Wohnungen sind zwei- oder dreiseitig orientiert und verfügen durch die abgetreppte Fassadenabwicklung über ganz unterschiedliche Ausblicke auf den Waldrand, in die Tiefe des Grundstückes oder gegen Osten über die Dächer von Bülach. Man betritt jede Wohnungen über eine Eingangshalle – mit genügend Platz für einen mieterseitigen Garderoben- und Reduitschrank – von welcher aus die Zimmer und der Wohn-/Essbereich direkt erschlossen werden. Eine breite Wandscheibe als Haustechnikschacht für die kontrollierte Lüftung und das Haustechnikcenter gliedern den Wohn-/Essbereich in wohlproportionierte Raumzonen für die unterschiedlichen Nutzungen. Ein über den Wohnbereich erschlossenes halböffentliches Zimmer und die umlaufende Laube vervollständigen das reichhaltige Raumangebot. Der Grundriss zeichnet sich durch einen robusten Schnitt und hohem Gebrauchswert aus.
Architektonischer Ausdruck
Dem Grundthema entsprechend sucht das Haus sowohl sinnlich als auch inhaltlich den Bezug zum Wald. Ein umgehender Laubenkranz verleiht dem Haus eine räumliche Tiefe mit einem schönen Licht- und Schattenspiel und unterstreicht die Wichtigkeit des Aussenraums für das Wohnen im Wald. Die Raumschicht der Laube vermittelt zwischen innen und aussen und fungiert zugleich als Filter und Distanzraum zum Wald und den Nachbarhäusern. Die Laube soll in bewährter Art aus auskragenden Ortbetonplatten und vorgefertigten Betonlisenen gefügt werden. Ein einfaches Staketengeländer, Verbundrafflamellenstoren und ein Vorhang komplementieren den unprätentiösen Ausdruck des Hauses. Da kein Kontrast, sondern eine stimmungsmässige Nähe zum Wald gesucht wird, sollen die Betonoberflächen wie auch die Holzschalung auf den geschlossenen Wandteilen dunkel lasiert werden.
Mitarbeit Wettbewerb
Karin Stegmeier, Peter Baumberger, Ron Edelaar, Elli Mosayebi, Christian Inderbitzin, Mathis Keller, Katrin Pfäffli
Zusammenarbeit
Baumberger Stegmeier Architektur (BS+EMI Architektenpartner AG)
Bauherrschaft
Allreal Generalunternehmung AG, Zürich