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Areal Sandfelsen
Erlenbach
Projektwettbewerb, 2009, 2. Preis

Quartier und Landschaftsraum
Das Quartier Sandfelsen — im oberen, östlichen Teil der Gemeinde Erlenbach gelegen — zeichnet sich durch eine feinkörnige Bebauungsstruktur mit Einfamilien-, Reihen- sowie einzelnen Mehrfamilienhäusern in mehrheitlich zweigeschossiger Bauweise aus. Das Grundstück befindet sich von der Sandfelsenstrasse her kommend in der «zweiten Reihe» hinter einem bestehenden, ins Geviert eingeschobenen Einfamilienhausgrundstück und liegt in einer leichten, sich nach Norden hin öffnenden topographischen Mulde. Aufgrund dieser Ausgangslage besteht kein Anteil an der begehrten Aussicht, dafür profitiert das Grundstück von seiner unmittelbaren Lage am Landschaftsraum und dem Panoramaweg. Die Ausgangslage verlangt aber auch nach einem qualitätsvoll gestalteten Aussenraum in Form von siedlungseigenen Gärten.

Baukörper und Aussenraum
Das Projekt schlägt die Setzung von fünf gleichartigen und ausschliesslich zweigeschossigen Baukörpern vor, die im Westen in ihrer Ausrichtung an der bestehenden Siedlungsstruktur anschliessen und nach Osten und Norden leicht ausdrehen. Mit der Wahl einer Arealüberbauung (max. 2 Geschosse ohne Attika) und der Gliederung des geforderten Volumens in fünf Körpern integriert sich die Siedlung gut ins umgebene Siedlungsgefüge; die maximale Gebäudelänge beträgt höchstens 18 Meter. Die versetzte Lage sowie die Verdrehungen unter den fünf Gebäudevolumen entspannen die relative Dichte der Siedlung, erlauben diagonale Durchsichten und einen Bezug aus allen Wohnungen in die weitere Umgebung. Die über die Gebäudekanten auskragenden Terrassen mit ihren gerundeten Ecken stärken durch eine «Weichzeichnung» der Volumen diese Strategie der Kontextualisierung.
Auch auf der Ebene des Aussenraumes wird eine Fortschreibung umgebender Muster angestrebt. Die Freiräume in der geplanten Siedlung sollen mehrheitlich für private Gärten genutzt werden. Der direkte Bezug zum nahe gelegenen Landwirtschaftsland spiegelt sich in der Verwendung einheimischer Pflanzen wieder. Obstbaumsolitäre an den Hauseingängen sowie als Trennung der Mietergärten sind locker über das Sandfelsenquartier verteilt. Niedere, geschnittene Hecken verschiedener Arten grenzen die privaten Aussenräume klar vom durchgehenden, netzartigen Wegsystem und den gemeinschaftlichen Freiräumen ab. Die gemeinschaftlichen Freiräume konzentrieren sich an den Arealecken, einmal «intim» gefasst, andere Male zum Landschafts- oder Strassenraum hin offen. Entsprechend ihrer Orientierung sind sie multifunktional bespielbar: als einfache Aufenthaltsräume mit Sicht auf die Felder für ältere Siedlungsbewohner, als «versteckte Treffpunkte» oder Spielplätze für Kinder…

Häuser und Wohnungen
Durch die Gliederung des Raumprogramms in fünf Volumen entstehen übersichtliche Hauseinheiten von lediglich vier bis fünf Wohnungen. Sämtliche Wohnungen werden direkt von Aussen erschlossen, das heisst jeder Bewohner hat seinen eigenen Eingang und Vorgarten. Das schafft einen hohen Identifikationswert der Mieter- und Mieterinnen mit ihrem Haus und der Siedlung («Adressbildung»). Die Gebäude entwickeln daraus eine Art Hybrid zwischen Geschosswohnungsbau, Reihenhaus und Maisonette-Typologie. Insgesamt werden 23 Wohnungen angeboten, ohne dabei auf «nicht anrechenbare Geschossflächen» im Untergeschoss zurückzugreifen.
Die kleineren Wohnungen (2 1/2- und 3 1/2-Zi) sind grundsätzlich als Geschosswohnungen im Erdgeschoss angeordnet und erlauben potentiell älteren MieterInnen Zugang zu Wohnung und Garten ohne Treppensteigen. Die grösseren Wohnungen für Familien (4 1/2- und 5 1/2-Zi) sind dagegen mehrheitlich als Maisonette-Wohnungen organisiert, was die Wohnungen weitläufig und grosszügig erscheinen lässt. Die Hauptwohnfläche befindet sich in der Regel im ersten Obergeschoss. Im Erdgeschoss ist mit dem Entree jeweils eine Dusche/WC sowie ein grösseres «Gartenzimmer» verbunden, das auch diesen Wohnungen Zugang zu einem eigenen Garten bietet. Damit verfügen alle Wohnungen sowohl über Terrassen als auch einen privaten Gartenteil. Obschon Treppenhäuser und Lifte fehlen, besitzen die Wohnungen einen internen Abgang in den Keller. Die Wohnungsgrundrisse verfügen über zwei bis drei Expositionen, wobei sich die Wohnräume immer über Eck öffnen und sich räumlich auf die Terrassen und in den Aussenraum erweitern. Die diagonale Ausrichtung der Wohnräume korrespondiert mit der städtebaulichen Setzung der Gebäudekörper und ergibt Ausblicke in die weitere Umgebung. Die Wohnungen sind damit auch gut natürlich belichtet und profitieren von verschiedenen Tageslichtstimmungen. Dank der Vermeidung von Korridoren ergeben sich grosse Wohnräume, die jeweils durch die Küche gegliedert werden. Einzelne Zimmer sind über Schiebetüren zum Wohnraum öffenbar und lassen sich damit vielfältig nutzen. Die Abstellräume messen 5 bis 6 m2 und verfügen über einen Waschmaschinenanschluss.
Das gewählte Erschliessungsmodell ohne gemeinschaftliche Treppenhäuser und Lifte erscheint in einem zweigeschossigen Haus aus den beschriebenen Gründen sinnvoll und ist nicht zuletzt ökonomisch interessant. Es steht auch nicht im Widerspruch zum behindertengerechten Bauen, da Maisonette-Wohnungen grundsätzlich zulässig sind und im vorliegenden Fall auch nicht den ausschliesslich angebotenen Wohnungstyp darstellen; von den geforderten 20 Wohnungen sind 10 als Geschosswohnungen im EG organisiert. Zudem lassen sich im Bedarfsfall die Maisonette-Typen mit einem Treppenlift ausstatten (Treppenbreite ist 1 Meter), was selbst im theoretischen Fall, wenn alle Wohnungen einen solchen bräuchten, günstiger kommt als der Bau von Treppenhäusern mit Liften. Wichtiger als das ökonomische Argument sind aber tatsächlich die Angemessenheit der Lösung am Ort sowie die potentiellen Qualitäten einer Wohnform, welche direkte Übergänge von privat zu gemeinschaftlich und von Innen zu Aussen bietet.

Architektonischer Ausdruck und Materialisierung
Die Bauten des Quartiers Sandfelsen sind von unterschiedlichen Architektursprachen geprägt. Das Projekt sucht einen eigenständigen und zeitgenössischen Ausdruck, welcher mit der direkten Umgebung der Gärten korrespondiert. Die «Weichzeichnung» der Gebäudekanten mittels auskragenden und gerundeten Terrassen vermittelt zwischen Innen und Aussen und zwischen der Architektur und dem organischem Ausdruck der Vegetation. Ihren artifiziellen Charakter behaupten die Körper durch den Kontrast von rauhen, «erdnahen» Putzfeldern und den Brüstungen in glattem, hellem Aluminiumblech, das die wechselnden Farben der Vegetation reflektiert. Im Erdgeschoss bildet die Bodenplatte und die Brüstungen in ockerfarbenem Sichtbeton ein Relief im Übergang vom Haus zum Garten.
Die Tragstruktur wird als konventioneller Massivbau in Ortbeton und Backstein erstellt. Die Lastabtragung erfolgt vertikal. Die Fassadenverkleidung (Alubleche und Putz auf Trägerplatte) wird durchgehend hinterlüftet. Die Materialien des Innenausbaus sind zweckmässig und robust. Bei der Konstruktion wurde auf eine weitgehende Systemtrennung geachtet, sodass Bauteile entsprechend ihrer Lebensdauer einfach ersetzt werden können.

Kostengünstige Realisierbarkeit
Das Projekt ist auf eine kostengünstige Realisierbarkeit ausgerichtet. Zunächst zeichnet es sich durch eine hohe Kompaktheit der Gebäudekörper aus. Auch das vorgeschlagene Erschliessungsprinzip mit wohnungsinternen Treppen sowie eine nur teilweise Unterkellerung sind ökonomisch sinnvoll. Die Tiefgarage wird an einem Ort konzentriert. Der Aushub wird an Ort für die notwendigen Terrainanpasungen verwendet und muss nicht abtransportiert werden.
Weiter werden einfache Konstruktionsweisen und Materialisierungen vorgeschlagen: das Projekt wird als konventioneller Massivbau realisiert, in der Schweiz noch immer die günstigste Konstruktionsweise im Wohnungsbau. Die hinterlüftete Fassade ist mit einer verputzten Aussendämmung preislich konkurrenzfähig, in der Dauerhaftigkeit dieser aber überlegen. Die Fenster werden als konventionelle, dauerhafte Holzmetallfenster ausgeführt.

Mitarbeit Wettbewerb
Ron Edelaar, Elli Mosayebi, Christian Inderbitzin, Stephan Pfeiffer

Bauherrschaft
Gemeinde Erlenbach

Landschaftsarchitekt: raderschallpartner Landschaftsarchitekten AG, Meilen