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Pilatus Arena
Kriens
Studienauftrag, 2017

Drei Häuser
Das Projekt sieht eine Konfiguration von drei aneinander gebauten, funktional unabhängigen Häusern vor: Ein Wohnhochhaus mit Eigentumswohnungen, die Sportarena und ein Wohnhochhaus mit Mietwohnungen. Der mit der Überarbeitung schlanker proportionierte Wohnturm (60 Meter) am Kreisel Mattenhof bezieht sich in der Höhe einerseits auf die anderen platzbildenden Hochhäuser und vermittelt andererseits zum höheren Wohnturm. Vom Platz her betrachtet in zweiter Reihe und zum Bahnhof zugehörig steht der höhere Wohnturm (109 Meter). Dazwischen gespannt befindet sich die Sportarena. Die drei Häuser bilden damit die drei Programme ab und erlauben eine einfache Abparzellierung. Die Dreiteilung berücksichtigt aber auch deren unterschiedliche Lebensdauer und die statische Entflechtung führt zu einer schlanken Dachstruktur der Arena. Schliesslich wird mit dem privilegierten Wohnen in Hochhäusern der Landschaftsbezug thematisiert.

Platzfolge zwischen Bahnhof und Kreisel
Die Raumbildung des Mattenhofplatzes erfolgt über zentrierte und teilweise leicht ausgedrehte Platzfassaden. Mit dem südlichen Hochhaus der Pilatus Arena wird der Platz zu einem fünfeckigen Raum komplettiert. Durch das leichte Zurücksetzen des Wohnhochhauses wird eine platzartige Öffnung zum Bahnhof geschaffen, die sich von den Strassenmündungen unterscheidet und die wichtige Verbindung zwischen Mattenhofplatz und Bahnhof stadträumlich akzentuiert. Diese Verbindung baut auf einer Folge von Platzräumen auf, die jeweils Zugänge zu den drei Häusern geben. Der langgezogene Bahnhofplatz findet sein räumliches Ende mit dem nördlichen Hochhaus.

Fassadenkleid aus hellem Faserbeton und Aluminium
Auf plastischer Ebene verbinden sich die drei funktional getrennten Häuser zu einer Figur. Verstärkt wird diese architektonische Absicht durch das einheitliche und verbindende Fassadenkleid aus leichten und nobel erscheinenden Faserbetonplatten und Aluminium. Beide Materialien sind von heller Tonalität und kontrastieren nur wenig. Die Leichtbaufassade wird einerseits den drei verschiedenen Nutzungen gerecht und entspricht andererseits den Grundsätzen einer nachhaltigen Bauweise. Die hinterlüftete Fassade ist unterhaltsfrei und gewichtsparend; beim Hochhausbau beides relevante Kriterien.

Allmend
Der Mattenhof ist Teil des dynamischen Entwicklungsgebietes Luzern Süd. Luzern Süd wiederum steht in stadträumlicher Kontinuität zur Stadt Luzern, Horw und Kriens. Zwei Seen und drei Erhebungen fassen diesen Stadtraum. Primäre Verkehrsachsen durchlaufen den topografisch gefassten Raum. Drei dieser Achsen sind für den Mattenhof und die Allmend von Bedeutung: für den motorisierten Verkehr die Obergrundstrasse, die sich in Arsenal- und Horwerstrasse teilt, die S-Bahn-Linie Luzern-Horw sowie die geplante Langsamverkehrsachse vom Bahnhof Luzern entlang der Allmend nach Horw.

Stadträumliche Orientierungspunkte
Angelagert an diese Achsen finden sich an wichtigen stadträumlichen Stellen Hochpunkte: an der Obergrundstrasse am Ausgang der Neustadt die Pauluskirche, an der Langsamverkehrsachse und am Ende des Gleisfelds das geplante Steghofhochhaus, an der Horwerstrasse im Zentrum der Allmend die beiden Allmend Hochhäuser. Das nördliche Hochhaus der Pilatus Arena markiert in dieser Serie den Bahnhof Kriens Mattenhof. In Beziehung zu den Allmend-Hochhäusern schafft es eine räumliche Auszeichnung und Fassung der Allmend als öffentlichen Freiraum von Luzern Süd und «Sportcampus».

Wohnen im Hochhaus
Das Projekt setzt auf das privilegierte Wohnen in Hochhäusern, das den Landschaftsbezug zu den Seen und Alpen thematisiert. Prägendes Element für alle Wohnungen bilden plastische Einkerbungen im Baukörper mit jeweils flankierenden, zweiseitig geöffneten Loggien. Diese Kerben «multiplizieren» die Ecksituationen und schaffen auch bei mittig liegenden Wohnungen mehrfache Ausrichtungen: Im Innenraum werden mindestens zwei sich kreuzende Sichtbeziehungen aufgebaut. Die eine Sichtlinie geht vom Entrée aus über das Wohnzimmer und die Loggia in die Ferne. Eine Querverbindung bietet räumliche Grosszügigkeit in die Breite der Wohnung. In der Überschneidung dieser Fluchten befindet sich der Wohnbereich.
Sowohl im Turm mit Wohneigentum wie auch im Mietwohnungshaus werden sieben Wohnungen pro Geschoss über ein mittiges Treppenhaus erschlossen. Das Haus mit den Mietwohnungen erreicht mit 20 oberirdischen Geschossen rund 60 Meter, dasjenige mit den Eigentumswohnungen mit 37 Geschossen rund 109 Meter. Wo die beiden Wohntürme an die Sporthalle anschliessen, befinden sich Abstellräume. Die dazwischenliegende Sporthalle erreicht 21 Meter Höhe.

Architektonischer Ausdruck
Die drei Häuser werden über ein leichtes und nobel erscheinendes Fassadenkleid zu einer plastischen Figur zusammengebunden. Dieses Kleid besteht aus einem die Öffnungen um- und zusammenfassenden hell eloxiertem Aluminiumblech und ebenfalls hellen, vertikal verlaufenden und profilierten Faserbetonplatten. Diese Materialisierung wird einerseits den drei unterschiedlichen Nutzungen gerecht und nimmt anderseits Bezug zu den bestehenden und geplanten, mehrheitlich mineralisch verkleideten Häusern. Das Erdgeschoss ist nach aussen umlaufend verglast, um die erwartete Öffentlichkeit zu verdeutlichen.

Sozialräumliche Aspekte
Die nord- respektive westseitigen Haupteingänge zu den Wohnhäusern münden in grosszügige Eingangshallen. Im Alltag oder während grosser Sportanlässe besteht die Möglichkeit, die Lifte zu den Wohnungen über die ostseitigen Eingänge zu den Velo-, Kinderwagen- und Entsorgungsräumen zu erreichen (zweite Adresse). Die Eingänge sollen hochwertig ausgestattet sein, um über eine hohe Aufenthaltsqualität das Zustandekommen sozialer Kontakte im Alltag zu unterstützen.
Zugunsten einer guten sozialen Durchmischung wurde darauf geachtet, dass der geforderte Wohnungsmix nicht vertikal über die verschiedenen Geschosse verteilt wird, vielmehr werden auf den einzelnen Geschossen jeweils verschiedene Wohnungstypen angeboten. Der Dachgarten wird über das Angebot der flankierenden Gemeinschafts- und KiTa-Räume sowie der Gästewohnungen durch unterschiedliche Nutzergruppen und Nutzungen belebt. Insbesondere im Sommerhalbjahr wird er zur wichtigen hausinternen und gebäudeübergreifenden Bühne des sozialen Lebens. Daneben erweitern auf übergeordneter Ebene das Angebot der Sportarena (Restaurant, Vereinsräume und Kraftstudio) und die gewerblich genutzten Erdgeschosse die soziale Infrastruktur. Somit trägt das Projekt ein vielseitiges und massstäblich differenziertes Angebot an sozialräumlichen Qualitäten.

Gegenwelt zum urbanen Stadtraum
Auf dem Dach der Sporthalle befindet sich ein grosszügiger Garten, der den Bewohnern der beiden Häuser vorbehalten ist. Über eine direkte Verbindung vom Treppenhaus hat jede Wohnung Zugang auf die durchgehend gemeinschaftliche Dachfläche. Den Auftakt bilden zwei grosse, vorgelagerte Gartenterrassen, die als Aussenflächen für den angegliederten Gemeinschaftsraum, die KiTa und die beiden Gästewohnungen dienen und über welche man in den etwas tiefer gelegenen Garten gelangt.
Der Garten dient sowohl als «Bild» wie auch als nutzbarer Raum, in den man eintaucht und verschiedene Räume und Nischen findet. Eine üppige, aber klar strukturierte Vegetation aus Stauden, Sträuchern und kleineren Bäumen schafft einen kleinteiligen und informell nutzbaren Aufenthaltsraum. Durch die organische Formensprache und die topografische Absenkung wird der Garten zum Kontrapunkt der Architektur. Mäandrierende, chaussierte Wege führen durch die Gartensequenzen und entwickeln ein Spiel der Offenheit und Geschlossenheit.
An zwei Stellen öffnet sich der Weg zu einem zentralen Kiesplatz in der Nähe des Gemeinschaftsraumes sowie zu einem Kinderspielplatz in der Nähe der Kita und bildet so zwei spezifische, vielfältig nutzbare Orte. Die bänderartig angelegte Staudenpflanzung gliedert sich in unterschiedlich rötliche, gelbe und bräunliche Farbtöne, die eine starke visuelle Wirkung erzeugen. Verschieden hohe und dichte Sträuchergruppen aus einheimischen Kleingehölzen ergänzen die Staudenpflanzung und gliedern den Garten in räumliche Abschnitte. Mittels einer sanften Geländemodellierung wird die Raumbildung unterstützt und die Wege an die Terrassen angebunden. Eine auf Augenhöhe abschliessende Brüstung fasst den Gartenraum und öffnet ihn zum Himmel – er wird zur Gegenwelt des urbanen Stadtraums.

Schaugarten
Der Dachgarten steht damit nicht in Konkurrenz zu den Sport- und Erholungsanlagen der nahegelegenen Allmend, sondern bietet einen ergänzenden Aufenthalts- und Erholungsraum mit einem schwach determinierten Angebot. Da der Dachgarten von den oberen Wohnungen aus eine hohe visuelle Präsenz hat, übernimmt er auch die Aufgabe eines Schaugartens, der von oben betrachtet als Bild angelegt ist.

Platzräume und Zugänge
Der städtische Aussenraum zwischen Mattenhof- und Bahnhofplatz besteht aus einer Folge von Platzräumen. Zwei bodeneben gepflanzte Baumkörper gliedern jeweils die Vorplätze der beiden Hochhäuser. Gleichzeitig spenden sie Schatten, während die restlichen Flächen mit einem Hartbelag ausgestattet sind. Die Zugänge der Wohnhäuser liegen gut auffindbar und entsprechend der Hauptausrichtung der Türme und der Sportarena. Die zwei Eingänge zur Sporthalle haben jeweils grosszügige Vorbereiche um Besucherandränge aufzunehmen.

Gewerblich genutzte Erdgeschosse schaffen Öffentlichkeit
Im Erdgeschoss der beiden Wohnhochhäuser werden Verkaufsflächen von insgesamt 900 Quadratmetern angeboten. Daneben beleben das Restaurant der Sportarena sowie ein Kiosk auch ausserhalb von Sportveranstaltungen den öffentlichen Raum. Fast alle Entfluchtungen der Sportarena und der Wohntürme sowie sämtliche Anlieferungen, Entsorgungen und Erschliessungen für Parkierungen (UG und EG) werden über die südöstliche Zubringerstrasse organisiert.

Sportarena
Die Sportarena steht eingespannt zwischen den beiden Wohnhochhäusern. Sie ist im Erdgeschoss längsseitig jeweils leicht eingeschnürt und greift in den oberen Geschossen – ähnlich einem Schiffsrumpf – in die Breite. Auf dem Platzniveau sind neben den Eingängen und der Anlieferung das passagenartige Foyer mit dem angrenzenden Restaurant sowie Nebennutzungen wie Fitness und Büros untergebracht. Die platzseitige Ausweitung («Schräge») in den oberen Geschossen ist ohne Fenster vorgesehen. Hier sollen Screens für Veranstaltungshinweise und Werbung angebracht werden.

Verteilebene als Piano Nobile
Da im Projektvorschlag davon ausgegangen wird, dass die insgesamt 4018 Tribünenplätze in der Regel nicht über die Spielfeldebene erschlossen sein sollen, führen vier grosszügig ausgebildete, hinter den Gelenken der Tribünenränge platzierte Doppelhelix-Treppen ins dritte Geschoss, welches als Verteilebene – gewissermassen als Piano Nobile – verstanden wird. Von hier gelangt man von oben herab in die unteren (bei kleineren Veranstaltungen) und in die oberen Ränge (bei Grossanlässen). Während den Spielpausen werden die Zuschauer primär auf der Verteilebene verpflegt, Toiletten befinden sich direkt ein Geschoss darüber. Die Prämisse der betrieblichen Entflechtung zieht sich durch die gesamte Sportarena, ohne die Flexibilität einzuschränken. So können beispielsweise die Tribünen auch über das Spielfeld erreicht werden. Zuschauer- und Sportlerbereiche (Garderoben) sind vollständig getrennt.
Die Warenanlieferung erfolgt südostseitig über eine erhöhte Laderampe bzw. über eine Hebebühne für Lastwagen. So werden die Spielfeldebene respektive die dort seitlich angeordneten Lagerräume effizient bedient. Ein separater Warenlift erschliesst die weiteren Geschosse primär für gastronomische Zwecke. Auch hier werden während Veranstaltungen betriebliche Überkreuzungen vermieden. Entlang der Zufahrtsstrasse werden Parkplätze angeboten, welche während medienwirksamen Sportanlässen von Übertragungswagen genutzt werden können.

Multifunktionale Halle
Die Halle wird als öffentlicher Raum verstanden, weshalb sie über die grossen Fensterbänder einen Bezug und eine Adressierung nach Aussen schafft. Gleichzeitig begünstigt die natürliche Belichtung eine vielseitige Nutzbarkeit. Für Sportveranstaltungen sind innenliegende Storen oder Vorhänge vorgesehen, welche den Hallenraum vollständig verdunkeln.
Um eine dichte Arena-Stimmung zu begünstigen, sind die oberen Tribünenränge nicht nur betrieblich, sondern auch räumlich abtrennbar. Anhand von Akustikvorhängen, welche entlang der Geländer der oberen Ränge gezogen werden können, wird die Sporthalle nicht nur räumlich, sondern auch akustisch kompakter.

VIP und Marketing
Die VIP-Nutzungen befinden sich direkt oberhalb der Verteilebene und profitieren von einem freien Blick auf das Spielfeld. Nach Aussen öffnet sich der Raum zur Mattenpassage und in Richtung Pilatus. Der VIP-Bereich lässt sich bereits vom Erdgeschosseingang separat erschliessen und funktioniert durchgehend kreuzungsfrei mit dem restlichen Gastbetrieb. Eine Durchmischung ist aber selbstverständlich möglich. Da das VIP-Restaurant direkt von Aussen erschlossen werden kann, böte sich auch ein Betrieb neben den Sportveranstaltungen an.

Mitarbeit Wettbewerb
Peter Baumberger, Karin Stegmeier, Ron Edelaar, Elli Mosayebi, Christian Inderbitzin, Phillip Türich, Simon Cheung, Ronan Crippa, Kevin Dröscher, Alexandra Isele, Rabea Kalbermatten, Pascal Ruck­stuhl, Peter Schend

Zusammenarbeit
Baumberger Stegmeier Architektur (BS+EMI Architektenpartner AG)

Bauherrschaft
Eberli Sarnen AG und Helvetia Versicherungen, Sarnen

Landschaftsarchitekt: S2L GmbH Landschaftsarchitekten, Zürich
Inge­nieur: APT Ingenieure GmbH, Zürich
HLS-Planer: Lauber IWISA AG, Naters
Sozialräumliche Aspekte: Prof. Christina Schumacher, Muttenz
Lärmschutz: Sinus AG Sempach Station, Sempach-Station