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Jungfrau Ostgrat – das Haus als Uhrwerk
Jungfrau, 2012–
Projektwettbewerb, 2012, 1. Preis
Grundriss N+2
Grundriss N+3
Grundriss N+4
Schnitt

Das in Planung befindliche Projekt für eine touristische Nutzung des Jungfrauostgrates geht von einer nicht mehr benötigten Richtstrahlanlage auf rund 3600 Metern über Meer aus. Der Ort wird vom Jungfraujoch über einen in Eis und Fels geschlagenen Stollen erreicht, wohin die weltbekannte Jungfraubahn von der Kleinen Scheidegg durch Eiger und Mönch führt. Gefragt war ein Projekt mit Aussichtsterrassen, Shops und Gastronomie sowie einem Ausstellungsraum für eine besondere Uhr, welche ein Markenzeichen der Schweiz repräsentiert.
Anstelle eines «Ausstellungshauses» für eine spezielle Uhr, fanden wir die Vorstellung suggestiver, die Architektur selbst als Zeitmaschine zu verstehen – also ein Haus als Uhrwerk zu entwerfen. Denn eine Architektur an diesem Ort bietet das einmalige Potential für eine neue Verbindung von Zeit und Raum. Wir sprachen über kosmische Bezüge, die sich an diesem Ort beim Blick ins All bieten: Die Geschwindigkeit des Lichts oder die Bewegungen der Sonne, Sterne und Planeten. Die Architektur thematisiert diese Bezüge über die Aussicht aber auch durch eine Übersetzung und Sichtbarmachung mittels des Uhrwerks.
Entstanden ist eine kinetische Architektur, die eine eigene Raum-Zeit-Erfahrung schafft. Das hausgrosse Uhrwerk ist als klassische, mechanische Pendeluhr konzipiert, die mit Windenergie versorgt wird und so autark funktioniert. Die bewegten Teile des Uhrwerks sind als begehbare Räume ausgebildet: Die Besucher bewegen sich auf einer promenade architecturale durch das Uhrwerk und erfahren die Zeit räumlich, akustisch und haptisch. Die zwei Bereiche von Mechanik – der Funktion von Zeit – und Display – der Ablesbarkeit von Zeit – werden dabei eins. Die Mechanik wirkt zudem in die Fassade ein, öffnet und schliesst das Haus im Rhythmus der Zeit. Das Uhrwerk inszeniert so ein Wechselspiel von Ausblicken sowie Licht und Schatten. In der Nacht lässt sich das Uhrwerkshaus nur über ein langsam pulsierendes Licht aus der Ferne erahnen.

Mitarbeit Wettbewerb
Ron Edelaar, Elli Mosayebi, Christian Inderbitzin, Jonathan Roider, Simon Cheung

Mitarbeit Planung und Ausführung
Ron Edelaar, Elli Mosayebi, Christian Inderbitzin, Jonathan Roider, Simon Cheung

Bauherrschaft
Jungfraubahnen AG, Interlaken

Uhrmacher: Miki Eleta, Uhrmacher und Künstler, Roland Hohl, Uhrmacher, Zürich
Maschinenbauingenieur: Hochschule Luzern, Ernst Lüthi, Christian Rickli
Ingenieur: Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG, Zürich, Daniel Meyer, Andreas Gianoli, Marianna Brezinova
Haustechnik: Lauber IWISA AG, Naters, Matthias Sulzer
Bauphysik: BWS Bauphysik AG, Christoph Keller
Beratung Konzept: Prof. Dr. Laurent Stalder

Publikation
Berner Oberländer, 6.10.2018