Bern
Projektwettbewerb, 2018, 3. Preis
Das Neufeld – ein parkartiger Campus
Das Neufeld beschreibt noch heute einen parkartigen, allmendgleichen Raum zwischen dem Rand der Stadt Bern und dem Grossen Bremgartenwald. Seit der hier angesiedelten Landesaustellung in den 1910er Jahren und der SAFFA Ende der 1920er Jahre auf dem Viererfeld ist der Landstreifen kontinuierlich mit räumlich offenen Anlagen für Bildung, Sport und Erholung bebaut worden. Westlich der Neubrückstrasse findet sich ein Feld mit dicht platzierten Sportfeldern für Fussball und Tennis, zur Kreuzung Bremgartenstrasse besetzen die Sporthallen des Zentrum Sport und Sportwissenschaft das Terrain. In diesem Feld kommt nun auch die neue Schwimmhalle zu liegen.
Das Areal ist über ein feines Netz von öffentlichen Fusswegen durchlässig. Aufgrund des leicht ansteigenden Terrains erhält man ab einer Höhe von zirka zehn Metern ab Boden Weitsichten in östlicher und südlicher Richtung über die Sportfelder zum Gymnasium respektive zum Stadtzentrum mit dem Berner Münster und den Alpen. Mit der anstehenden Entwicklung des Viererfeldes wird das Quartier zu einem wichtigen städtischen Entwicklungsgebiet.
Die Idee – die Schwimmhalle als «Sportfeld» und Teil des bestehenden Gefüges
Die neue Schwimmhalle wird als einfaches und kompaktes Volumen mittig im Perimeter gesetzt und lässt sowohl südlich wie nördlich Raum zur anschliessenden Bebauung offen. Damit bleibt die freiräumliche Kontinuität zwischen Neu- und Viererfeld bestehen. Voraussetzung für diese Setzung bildet eine Verschiebung der Aussensportanlage des ZSSw. Der Zugang zur Schwimmhalle erfolgt von der Neubrückstrasse aus.
Das Gebäude gliedert sich in einen massiven Sockelbau, der allseitig leicht auskragt und so über dem Terrain ein «schwebendes» Plateau für die Schwimmnutzungen etabliert. Über diesem Plateau wird eine äusserst filigrane, gläserne Halle errichtet, welche die Schwimmebene umschliesst. Mit dem Plateau werden die Schwimmbecken auf ein Niveau gehoben, bei dem sie in Bezug zu den bestehenden und neuen Sportanlagen leicht erhöht liegen, gleichzeitig aber Teil des dichten Clusters aus Sportfeldern werden: Die Schwimmhalle wird als weiteres «Sportfeld» im bestehenden Gefüge aus Sportanlagen verstanden. Die orthogonale Anordnung der einzelnen Felder mit dazwischen liegenden Wegen setzt sich im Innenraum und der Organisation der Schwimmhalle fort. Die feine Ausdrehung der Fassade an der Neubrückstrasse ist nicht dem Strassenraum geschuldet, sondern Ausdruck dieser inneren Disposition.
Mit diesem einfachen Aufbau und der allseitig offenen, gläsernen Halle wird das Schwimmbad als weiteres öffentliches Gebäude im Neufeld verortet und bringt seinen Charakter als «Volksbad» für die breite Berner Bevölkerung, die Schulen und den Vereinssport zum Ausdruck. Für Wettkämpfe bietet sie einen repräsentativen Rahmen.
Westlich der Schwimmhalle werden die Tennisanlage und das anschliessende Rasenfeld ebenfalls in der vorgefundenen, orthogonalen Grundstruktur neu angelegt. Die drei Tennisfelder, die saisonal mit einer Traglufthalle überdeckt sind, liegen abgerückt von der Schwimmhalle: Das Volumen der Tennishalle wird entsprechend in die Situation integriert. Das erhaltenswerte Klubhaus wird abgebaut und über einem neuen Untergeschoss, das den zusätzlich geforderten Raum schafft, an der zentralen, querenden Wegverbindung wieder aufgebaut.
Erdgeschoss – eine «Unterwasserwelt» zwischen den Schwimmbecken
Über den eingezogenen und witterungsgeschützten Eingang an der Neubrückstrasse gelangt der Besucher in den hallenartigen Empfangs- und Bistrobereich. Die Eingangshalle erhält Tageslicht über die verglaste Eingangsfront und die seitlichen Bullaugen des Sprungturmbeckens: Der Besucher bewegt sich im Moment des Eintritts in eine «Unterwasserwelt» zwischen den Schwimmbecken. Über die mattierten, blickdichten Gläser der Bullaugen wird eine Lichtstimmung aufgebaut, die auf die darüber liegende Schwimmhalle verweist.
Nach dem Eintritt in die Halle begibt sich der Besucher entlang der Schliessfächer und der Schuhregale in die Garderoben, welche geschlechter- und betriebsgetrennt organisiert werden können. Der linke, südliche Garderobenflügel dient dem Alltagsbetrieb, bei hohem Besucherandrang oder Veranstaltungen kann der rechte Flügel zugänglich gemacht werden. Nach dem Umkleiden bewegt sich der Badegast im «Barfussbereich» entlang den Bullaugen des 50-Meter Beckens in einem Erschliessungsraum mit gedämpftem Licht in Richtung Duschen/Toiletten zur grossen Wendeltreppe, welche auf die Schwimmebene führt. Dort wird der Badegast von einer hellen, weiten und offenen Halle empfangen.
Die Materialisierung und Farbigkeit des Erdgeschosses mit Eingang, Garderoben- und Duschräumen schafft mit keramischen und glänzenden Oberflächen in dunkleren Farbtönen eine eigene, intensive Stimmung, welche mit der darüber liegenden Halle kontrastiert, aber gleichzeitig auf die folgende Badewelt verweist.
Obergeschoss – Schwimmen auf einem Plateau
Der Eintritt in die Schwimmhalle über die beiden grossen Wendeltreppen erfolgt lateral, aber in der zentralen Mittelachse, sodass die drei Bereiche von Schwimm-, Sprung- und Lernschwimmbecken gleichwertig erschlossen sind. Die drei Becken sind Teil des einen Hallenraums, gleichzeitig werden sie über einen Galerieeinbau räumlich gegliedert. Das Lernschwimmbecken lässt sich über in die Konstruktion eingelassene Verglasungen auch akustisch abtrennen.
Daneben übernimmt der Galerieeinbau aussteifende Funktionen im Hallenbau und fasst im östlichen Arm der T-förmigen Figur sämtliche kleinräumigen, dienenden Funktionen wie Räume für den Bademeister, die Sanität, Material etc. Hier wird zudem über eine dritte Vertikalerschliessung eine räumliche Erweiterung aus dem Zugangsgeschoss angeboten, welche primär Besuchern dient, die selber nicht baden, aber den Zugang auf die Schwimmebene suchen (beispielsweise Eltern, die ihre Kinder abholen).
Im oberen Geschoss des Halleneinbaus und in Verbindung mit dem offenen Galeriebereich sind die Übungs- und Schulungsräume untergebracht. Die Galerie bietet im Normalbetrieb eine Rückzugs- und Ruhebereich, welcher von den Badegästen genutzt wird. Aufgrund der Höhenlage dieser Räume öffnet sich hier der Blick durch die Schwimmhalle bis zum Berner Münster und in die Alpen. Während Veranstaltungen beziehungsweise Wettkämpfen wird der Zugang auf die Galerie für Zuschauer über die dritte, nordöstliche Treppe geöffnet. Weitere 400 Zuschauerplätze werden während Wettkämpfen auf einer mobilen Tribüne auf der Schwimmebene längs zum 50-Meter Schwimmbecken angeboten.
Die Stahlkonstruktion der Schwimmhalle ist komplett in Weiss gehalten, was zur beabsichtigten Leichtigkeit und Entmaterialisierung der Konstruktion beiträgt. Über die glatte, aber fein perforierte Untersicht wird eine angenehme Akustik sichergestellt. Die glänzende Oberflächenbehandlung der Deckenpanele reflektiert die Bewegungen des Wassers und bringt den Raum in eine feine «Schwingung». Die Decke dient zudem als Reflektor für die künstliche Belichtung: sie wird über Strahler – frei im Hallenraum stehende «Kandelaber» – von unten angestrahlt und verteilt so indirekt und gleichmässig das Kunstlicht im Innenraum. Mit dieser Beleuchtungsidee werden die Lichtemissionen bei Nacht in die Umgebung minimiert.
Aussenraum und Landschaftsarchitektur
Die Freiraumgestaltung knüpft an das Umfeld an und führt bestehende Strukturen zu einem Ganzen fort. Eine ruhige, grüne Grundgestaltung aus Blumenwiesen, Ruderalflächen und einheimischen Gehölzgruppen bildet das Gerüst der Sportanlage. Eine übergeordnete Freiraumachse führt vom Bremgartenfriedhof bis zum Stadtpark Viererfeld. Ein abschliessender, kleiner Platz spannt sich zwischen der Schwimmhalle und der Achse auf und bildet mit der Bushaltestelle einen attraktiven Ankunftsort und Treffpunkt sowie den Übergang der Freiraumachse in den Stadtpark. Der Strassenraum Neubrückstrasse ist geprägt von der Allee und den spielerischen Grünflächen, die auf die verschiedenen Eingangszonen reagieren. Der Eingang zur Schwimmhalle ist durch die Wegführung und den leichten Einzug gut auffindbar. Die Polleranlage ist im Betrieb berücksichtigt, die Parkplätze und Vorfahrt sind stets zugänglich. Durch die vernetzenden Ruderalflächen zwischen den Feldern und entlang der Freiraumachse werden die Freiräume miteinander verflochten und die Sportanlage zu einem Gesamtensemble zusammengefügt.
Mitarbeit Wettbewerb
Peter Baumberger, Karin Stegmeier, Ron Edelaar, Elli Mosayebi, Christian Inderbitzin, Phillip Türich, Jenna Buttermann, Sébastien Ressnig
Zusammenarbeit
Baumberger Stegmeier Architektur (BS+EMI Architektenpartner AG)
Bauherrschaft
Hochbauamt Stadt Bern
Landschaftsarchitekt: vetschpartner Landschaftsarchitekten AG, Zürich
Ingenieur: Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG, Zürich
HLKS-Planer: Harald Kannewischer & Team, Cham
Elektroplaner: Hefti Hess Martignoni Bern AG, Bern
Fassadenplanung: Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG, Zürich
Publikation
TEC21 34/2018